Kapitel 3 Stakeholder, Institutionen und Rahmen des Vollzugs der TSM-VO 03 Stakeholder, Institutionen und Rahmen des Vollzugs der TSM-VO Zur Erleichterung der Lesbarkeit der folgenden Abschnitte sollen an dieser Stelle die we- sentlichen Stakeholder, Institutionen und der Rahmen der Netzneutralität vorgestellt werden. Primärer Adressatenkreis der Bestimmungen zur Netzneutralität sind, vereinfacht ge- sagt, Internet Service Provider (ISPs), also Unternehmen, die Internet-Zugangsdienste anbieten. Zentrale Zielvorstellung der Verordnung ist es, veränderten technischen Möglichkeiten (der Verkehrsidentifikation und Lenkung) und damit möglichen neuen Geschäftsmodellen (bzw. Praktiken) der Internet-Zugangsanbieter dahin gehend Rech- nung zu tragen, dass die Innovationskraft des Internets daraus nicht beeinträchtigt wird. Die TSM-VO identifiziert also Geschäftspraktiken, technische Maßnahmen und Verpflichtungen (etwa zur Transparenz für die Endkundin und den Endkunden), die für die Einhaltung der Netzneutralität geboten bzw. verboten sind. Stakeholder und Norm- adressaten sind neben den Zugangsanbietern vor allem Endkundinnen und Endkunden (Privatpersonen, Unternehmen) sowie Anbieter von Inhalten/Diensten/Applikationen (also Content and Application Provider – in weiterer Folge CAPs). Darüber hinaus sind zwei weitere Aspekte wesentlich: Zum einen war und ist die Dis- kussion um die Netzneutralität auch zum Teil mit der Frage verbunden, wie eine leis- tungsfähige Breitbandinfrastruktur finanziert werden kann. Hier gab es (und gibt es im Hinblick auf Aspekte der fünften Mobilfunkgeneration) Diskussionen darüber, ob, und wenn ja, in welcher Weise CAPs, deren Angebot ja über die Infrastruktur von Zugangs- anbietern die Endkundin bzw. den Endkunden erreicht, allenfalls in die Finanzierung miteinbezogen werden können bzw. welche neuen Geschäftsmodelle ISPs offenstehen können. Dabei zeigt sich nach nun zwei Jahren Vollziehung der TSM-VO, dass auch ISPs Raum für Innovationen bzw. Produktspielraum bleibt, ohne mit Bestimmungen, die die Netzneutralität sichern, in Konflikt zu geraten. Dass es traditionell in der Einführungs- phase solcher Rechtsvorschriften zu einem gewissen „Ausreizen“ der Grenzen dieser Vorschriften kommt, schadet dem intendierten Interessenausgleich zwischen Infra- strukturinnovation und Diensteinnovation nicht. Letztere Aspekte sind zentrale Ziele heutiger Telekommunikationspolitik; sich hierbei ergebende Probleme können nur in einem Miteinander gelöst bzw. beantwortet werden; ein solches ist auch für die Diskus- sionen rund um 5G geplant. Der zweite entscheidende Aspekt ist die gemeinsame Praxis. Ein Regelwerk, das Innova- tion im Internet betrifft, sollte (um effektiv zu sein) nicht nationalstaatlich erstellt und umgesetzt werden, sondern ist auf eine möglichst breite Basis zu stellen. Dementspre- chend ist die TSM-VO eine europäische Verordnung mit unmittelbarer Wirkung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Ihr Ziel ist es, eine möglichst einheitliche Pra- xis für den gesamten Binnenmarkt sicherzustellen. Unterschiedliche Vorgangsweisen einzelner Länder bzw. Regulierungsbehörden können eine Benachteiligung einzelner ISPs gegenüber anderen mit sich bringen. Dabei ist aber auch daran zu erinnern, dass die Marktstrukturen und vor allem den administrativen Vollzug regelnde Rechtsvor- schriften über die Mitgliedstaaten keineswegs homogen sind und sich alleine aus die- sem Aspekt unterschiedliche Herangehensweisen der Regulierungsbehörden ergeben (können). Mit Ausnahme dieser Aspekte ist es aber vor allem der engen Abstimmung der Regulierungsbehörden unter dem Dach von BEREC geschuldet, dass die Vollziehung der TSM-VO weitgehend im Gleichklang erfolgte. Dass Regulierungsbehörden in ihrer dies- bezüglichen Arbeit unterschiedliche Schwerpunkte setzen, ist durchaus sinnvoll, um möglichst zeitnah Präjudize für einen harmonisierten Vollzug zu schaffen. 12 Netzneutralitätsbericht 2018