Einblicke in die „Black Box“ der Anbieterinnen
Mit Ende Oktober 2021 hatten Anbieter von Kommunikationsplattformen wie Facebook, Instagram oder TikTok erstmals der KommAustria Transparenzberichte nach dem österreichischen Kommunikationsplattformen-Gesetz (KoPl-G) für einen Beobachtungszeitraum von einem halben Jahr vorzulegen. Das Gesetz und eine auf dessen Grundlage von der KommAustria erlassene Verordnung verpflichten die Unternehmen unter dazu, einen strukturierten Bericht über Meldungen von Nutzern über behauptete rechtswidrige Inhalte und den Umgang der Unternehmen damit zu erstellen. Diese Berichte müssen auch auf den Webseiten der Plattformen für jedermann einsehbar veröffentlicht werden.
Die Transparenzberichte sind unter anderem ein wichtiges Werkzeug im Kampf gegen Hass im Netz. Obwohl das Problem augenscheinlich ist, ist bisher über das genaue Ausmaß und die konkreten Entwicklungen auf den jeweiligen Plattformen nur wenig bekannt. Das Innenleben der sozialen Netzwerke glich einer Black Box. Die von den großen Plattformen schon zuvor freiwillig veröffentlichten Berichte enthielten in der Regel nur sehr generelle, an den Gemeinschaftsstandards der Plattformen orientierte Angaben zur Entfernung von Inhalten und vor allem keine exklusiv auf Österreich bezogenen Daten. Gemeinschaftsstandards sind die vertraglichen Nutzungsbedingungen, denen sich Nutzer bei Anmeldung auf der Plattform unterwerfen. Diese decken sich zwar in vielen Fällen mit nationalen Gesetzen, jedoch nicht immer. So wurde in der Vergangenheit lange auf Facebook die in Österreich verbotene Holocaust-Leugnung mit dem Verweis auf das in den USA herrschende Verständnis der Meinungsäußerungsfreiheit toleriert. In manchen Fällen gehen die Gemeinschaftsstandards aber auch über nationale Gesetze hinaus und verbieten Inhalte, die hierzulande legal sind.
Aus den jetzt erstmalig speziell auf Österreich bezogenen Transparenzberichten geht hervor, dass die Plattformen, die sich sowohl in ihren Funktionsweisen, den geteilten Inhalten als auch in ihrer Nutzerbasis zum Teil erheblich voneinander unterscheiden, entsprechend auch mit unterschiedlichen rechtswidrigen Inhalten konfrontiert sind. Ein Beispiel dafür bietet der Vergleich der Transparenzberichte der Plattformen Facebook und Instagram, die vom selben Unternehmen angeboten werden.
Auf Facebook führten in einem Zeitraum von sechs Monaten insgesamt 9.511 Nutzermeldungen letztlich zur Entfernung von 1.590 Inhalten. Dabei waren die häufigsten Straftatbestände nach österreichischem Recht, die in den Meldungen beanstandet wurden, in der Reihenfolge der Häufigkeit die "Beleidigung" (§ 115 StGB), "Verhetzung" (§ 283 StGB) und die "Fortdauernde Belästigung im Wege einer Telekommunikation" (§ 107c StGB).
Auf Instagram führten 6.392 Meldungen zur Entfernung von 1.489 Inhalten. Die häufigsten Meldegründe nach dem KoPl-G, die hier zu Entfernungen führten, waren "Pornographische Darstellungen Minderjähriger" (§ 207a StGB), "Anbahnung von Sexualkontakten zu Unmündigen" (§ 208a StGB) und "Unbefugte Bildaufnahmen" (§ 120a StGB).
Das vor allem bei Jugendlichen beliebte TikTok hingegen hatte zwar im Zeitraum eines halben Jahres nur 874 Meldungen nach dem KoPl-G nachzugehen, wovon jedoch 308 zu Entfernungen von Inhalten führten. Gereiht nach den Meldegründen, die zu einer Entfernung führten, ergibt sich bei TikTok das folgende Ranking: "Beleidigung" (§ 115 StGB), "Wiederbetätigung/ Verbotsgesetz" (§ 3d, § 3g oder § 3h des Verbotsgesetzes) und "Nötigung (§ 105 StGB ) / Gefährliche Drohung" (§ 107 StGB).
Die Erkenntnisse werden nun gesammelt und fortlaufend ausgewertet und erlauben es dem Gesetzgeber und der Behörde das Problem des Hasses im Netz in seinen Ausprägungen genauer zu definieren und darauf weitere regulatorische Schritte abzustimmen.