Bundesweites Radio Austria durfte "übergangsweise" unterschiedliche Programme in verschiedenen Verbreitungsgebieten ausstrahlen
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) aufgehoben*, mit dem das BVwG seinerseits einer Beschwerde gegen einen Bescheid der KommAustria stattgegeben hatte. So stellte das BVwG entgegen der Rechtsansicht der KommAustria eine Rechtsverletzung der Radio Austria GmbH fest.
Ausgelöst durch eine Konkurrentenbeschwerde, ging es in dem Verfahren um die Frage, ob die bundesweite Hörfunkveranstalterin Radio Austria GmbH berechtigt war, in den ersten Monaten nach Zulassungserteilung und bis zur Aufnahme des einheitlichen Sendebetriebes mit ihrem bundesweiten Programm zunächst weiterhin die Radioprogramme jener Zulassungen auszustrahlen, die in ihrer bundesweiten Zulassung aufgegangen sind. Die KommAustria hatte diese Frage bejaht und sich dabei auf § 28b Abs. 2 letzter Satz des Privatradiogesetzes (PrR-G) und auf eine entsprechende Fristsetzung in ihrem Zulassungsbescheid gestützt. Das BVwG ging aber davon aus, dass aufgrund jener Bestimmung lediglich eine Frist zur Aufnahme des Sendebetriebs mit dem bundeseinheitlichen Programm gesetzt werden kann und der Hörfunkveranstalter, so er zur Ausstrahlung eines solch einheitlichen Programms unmittelbar nach Zulassungserteilung noch nicht in der Lage ist, den Sendebetrieb bis dahin unterbrechen muss. Durch die Ausstrahlung mehrerer unterschiedlicher Programme im „Übergangszeitraum“ habe die Radio Austria das PrR-G verletzt, so damals das Bundesverwaltungsgericht.
Der Verfassungsgerichtshof sah das nun anders und bestätigte im Ergebnis die Rechtsauffassung der KommAustria. Durch die Feststellung einer Rechtsverletzung sei Radio Austria im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Rundfunkfreiheit gemäß Art. 10 Abs. 1 EMRK verletzt, so der VfGH. In seiner Begründung verweist er auf die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Rundfunkregulierung, wonach jeder Eingriff in die durch die Verfassung gewährleistete Rundfunkfreiheit einem legitimen Zweck dienen und verhältnismäßig sein muss. Die Verpflichtung eines Hörfunkveranstalters, nach Erteilung einer bundesweiten Zulassung den Sendebetrieb zu unterbrechen, bis er zur Ausstrahlung eines einheitlichen Programms in der Lage ist, stellt unzweifelhaft einen solchen Eingriff dar. Eine ausreichende Rechtfertigung für diesen Eingriff war für den VfGH, der damit im Ergebnis der Rechtsansicht der KommAustria gefolgt ist, im gegenständlichen Fall nicht ersichtlich.
*Erkenntnis des VfGH vom 06.10.2021, E 2477/2021