Die Richtlinie und Anhänge in PDF-Format finden Sie hier.
Mehr als 1,5 Millionen Menschen mit Behinderungen leben in Österreich. Nur ein kleiner Prozentsatz der Behinderungen sind angeboren oder sind auf einen Unfall oder eine Berufskrankheit zurückzuführen. Der weitaus größte Anteil wurde durch eine Krankheit verursacht [1]. Außer Acht gelassen werden darf hier auch nicht, dass von Behinderungen oftmals auch ältere Menschen betroffen sind.
Dabei treten die folgenden Teilhabe-Einschränkungen am häufigsten auf:
Die UN-Behindertenrechtskonvention – und ihr folgend auf europäischer Ebene die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste [2] – führt „Accessibility“, übersetzt mit dem Begriff „Barrierefreiheit“, als eines ihrer Grundprinzipien auf.
Bei Barrierefreiheit geht es – bezogen auf den Medienbereich – darum, dass Medien für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind.
Die Gewährleistung der Barrierefreiheit von audiovisuellen Inhalten stellt eine wesentliche Anforderung im Zusammenhang mit den im Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingegangenen Verpflichtungen dar.
Die Mediendiensteanbieter sollen sich demnach „aktiv darum bemühen, ihre Inhalte für Menschen mit Behinderungen, insbesondere für Menschen mit Seh- oder Hörstörungen, zugänglich zu machen“ [3]. Es sind auf Seiten der Mediendiensteanbieter auch Personen mit Lernschwierigkeiten nicht zu vernachlässigen. Die Anforderungen an die Barrierefreiheit sollten durch einen schrittweisen und fortlaufenden Prozess erfüllt werden, wobei praktische und unvermeidbare Einschränkungen, die beispielsweise im Fall von live übertragenen Sendungen oder Veranstaltungen eine vollständige Barrierefreiheit verhindern könnten, zu berücksichtigen sind.
Gerade im Bereich der audiovisuellen Medien ist die Wirkung des Bewegtbildes und damit die Rolle des Sehsinns eine wesentliche. Aber der Sehsinn ist nicht der einzige Sinn, der mit audiovisuellen Inhalten angesprochen wird. Bilder werden durch Worte nicht nur unterstützt, sondern es kann auch das gesprochene Wort, aber auch die Vertonung (z.B. mit Musik und Geräuschen), für die Nutzenden Bilder und Emotionen entstehen lassen und so das bewegte Bild wahrnehmbar machen. Daher stellt die Zeit der Massenmedien mit ihrem Setzen auf das Video sowohl für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen als auch für Menschen mit Hörbeeinträchtigungen einen Nachteil dar, der durch den Einsatz von technischen Hilfsmitteln verringert werden kann und so eine Teilhabe an den audiovisuellen Medien ermöglicht werden kann. Mit Mitteln modernen Medien lassen sich aber auch technische Lösungen, etwa der Einbeziehung von Elementen in einfacher Sprache, realisieren, damit Menschen mit Lernbeeinträchtigungen der Zugang zu den audiovisuellen Medieninhalten und damit zu einer Teilnahme am gesellschaftlichen und kulturellem Leben ermöglicht werden kann.
Zur Kontrolle der Umsetzung sieht die AVMD-Richtlinie vor, dass audiovisuelle Mediendiensteanbieter regelmäßig einen Bericht erstatten müssen, damit festgestellt werden kann, welche Fortschritte Mediendiensteanbieter dabei machen, ihre Dienste schrittweise für Menschen mit Behinderungen zugänglich zu machen.
Audiovisuelle Mediendiensteanbieter müssen für ihren Bereich einen Aktionsplan einschließlich eines konkreten Zeitplans zur jährlichen Steigerung des Anteils barrierefrei zugänglicher Sendungen, getrennt nach den Kategorien Information, Kultur, Unterhaltung und Sport, erstellen. Durch die vorgesehenen regelmäßigen Berichtspflichten sollen die Anbieter angehalten werden, die Umsetzung ihres Aktionsplans und die Erhöhung der Anteile regelmäßig darzustellen. Allfällige Unterschreitungen der Zielwerte müssen sie gesondert rechtfertigen.
Zur Rolle der KommAustria halten die Erläuterungen fest: „Aufgabe der Regulierungsbehörde ist es nachfolgend, in ihrem Tätigkeitsbericht ihre Bewertung über die in Angriff genommenen Maßnahmen der einzelnen Anbieter und allfälliges Verbesserungspotential abzugeben.“ Mit der Vorlage der Berichte kann somit die KommAustria, aber auch die Öffentlichkeit, feststellen „welche Fortschritte Mediendiensteanbieter dabei gemacht haben“.
Dazu dient auch die von der KommAustria erstmals zum 30. November 2022 und danach alle drei Jahre vorzunehmende Evaluierung der von den Anbietern ergriffenen Maßnahmen sowie die Bestandsaufnahme zur Kontinuität und zu den Schritten der Entwicklung des barrierefreien Zugangs zu audiovisuellen Mediendiensten. Diese Evaluierung ist auch Grundlage für die vorgesehene, verpflichtende Berichterstattung an die Europäische Kommission.
Barrierefreie audiovisuelle Medien sollen vor allem Menschen mit Behinderungen die gleichberechtigte Teilhabe am audiovisuellen Informations- und Unterhaltungsangebot ermöglichen und ein barrierefreies Filmerlebnis bieten, das der der Menschen ohne Beeinträchtigung weitestgehend entspricht. Audiodeskription gibt es aber nicht nur für Filme, sondern auch bei Live-Ereignissen, wie zum Beispiel Unterhaltungsshows oder Sportevents. Im audiovisuellen Bereich bieten sich vor allem folgende Möglichkeiten:
Untertitel richten sich vor allem an Menschen mit Hörbeeinträchtigungen. Der Einsatz von Untertitel kann aber auch Menschen unterstützen, die Deutsch lernen.
Bei der Untertitelung werden die gesprochenen Teile, wie Dialoge, Moderationen oder Kommentare, aber auch Geräusche und Musik verschriftlicht. Damit geben sie die Informationen wieder, die auch ein Hörenden bekommt. Je nach technischer Ausgestaltung können die Untertitel direkt in das Video eingebettet werden und sind somit dauerhaft sichtbar sie werden bei Bedarf zugeschaltet.
Gebärdensprache stellt eine offiziell anerkannte, visuell-manuelle Sprache dar, mit der Menschen mit Hörbeeinträchtigungen kommunizieren. Die Sprache besteht aus einer Verbindung von Gestik, Mimik sowie Körperhaltung.
Bei der Gebärdensprache in audiovisuellen Mediendiensten kommen Gebärdensprachdolmetschende zum Einsatz, die im Bild eingeblendet werden. eingeblendet werden. Dabei ist es für die Verständlichkeit erforderlich, dass die Gebärdensprachdolmetschenden gut im Bild bzw. Video sichtbar sind.
Audiodeskription (auch als „Hörfilm“ bezeichnet) ist die akustische Beschreibung von Bildern, die Videos für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen erfassbar macht.
Dabei werden die visuellen Eindrücke, wie Handlung und Ort des Geschehens oder Aussehen, Gestik und Mimik der Personen, auf einer zusätzlichen Tonspur beschrieben, damit die Handlung eines Films für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen besser wahrgenommen werden kann.
Einfache Sprache ist eine Sprache, die durch kurze Sätze und einfache Wörter geprägt ist und für die es klare Regeln gibt. Gegenüber der deutschen Standardsprache sind die Grammatik und der Wortschatz deutlich reduziert. Die Sätze sind kurz, Fremdwörter oder Fachbegriffe werden vermieden oder aber gesondert erklärt. Mit der sprachlichen Vereinfachung kann auch eine optische Gestaltung der Texte einhergehen, die das Lesen erleichtert.
Einfache Sprache kann Hürden für Menschen, die die Standardsprache nicht oder nur schwer verstehen, beseitigen. Adressaten können Lernbehinderte, Hörgeschädigte, Menschen mit geringer Lesekompetenz aber auch Menschen mit Migrationshintergrund sein. Durch diese Maßnahme wird gewährleistet, dass diese Personengruppen Zugang zu Information, Unterhaltung, etc. bekommen.
Bei Zweikanalton ist eine Technik zur Tonübertragung, bei der zwei unabhängige Audiokanäle übertragen werden. Einer der Audiokanäle kann etwa für eine akustische Bildbeschreibung genutzt werden und damit audiovisuelle Medieninhalte insbesondere für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen nutzbar machen.
Zur Erreichung des Zieles der Gewährleistung der Barrierefreiheit audiovisueller Inhalte sieht § 30b Abs. 2 Audiovisuelle Mediendienstegesetz (AMD-G) vor, dass audiovisuelle Mediendiensteanbieter durch geeignete Maßnahmen sicherstellen müssen, eine kontinuierliche und stufenweise Erhöhung des Anteils der für Menschen mit Hör- und Sehbehinderte barrierefrei zugänglich gemachten audiovisuellen Inhalte, zu gewährleisten. Zur Konkretisierung dieser Maßnahmen haben Mediendiensteanbieter unter Anhörung einer für den Bereich der Menschen mit Seh- und/oder Hör-Beeinträchtigungen sowie einer für den Bereich der Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen repräsentativen Organisation einen sog. Aktionsplan zu erstellen. Dieser Aktionsplan hat einen konkreten dreijährigen Zeitplan zu umfassen und baut auf dem jeweils für die Vorperiode erlassenen Aktionsplan auf. Er muss weiters eine jährliche Steigerung des Anteils barrierefrei zugänglicher Sendungen mit Ausnahme von Livesendungen, getrennt nach den Kategorien Information, Unterhaltung, Bildung, Kunst und Kultur sowie Sport, beinhalten. Mediendiensteanbieter haben den Aktionsplan leicht, unmittelbar und ständig zugänglich zu veröffentlichen. Weiters ist der Aktionsplan in einer standardisierten Form – hiezu wird im eRTR-Portal ein entsprechendes Formular angeboten – der Regulierungsbehörde zu übermitteln (vgl. dazu Anhang 1).
Neben dieser Verpflichtung der Erstellung des Aktionsplanes ist ein jährlicher Bericht über den Umsetzungsstand zu erstellen und der Regulierungsbehörde bis zum 31.03. eines jeden Kalenderjahres zu übermitteln. Dafür wird von Seiten der KommAustria im eRTR-Portal ein entsprechendes, standardisiertes Formular bereitgestellt (vgl. dazu Anhang 2).
Von der Verpflichtung zur Erstellung eines Aktionsplans ausgenommen sind Mediendiensteanbieter, deren Umsatz mit dem audiovisuellen Mediendienst im vorangegangenen Jahr nicht mehr als 500.000 Euro betragen hat oder deren Fernsehprogramm nur lokal oder regional ausgerichtet ist.
Der Aktionsplan soll einen dreijährigen Zeitplan umfassen, aus dem eine jährliche Steigerung des Anteils barrierefrei zugänglicher Sendungen mit Ausnahme von Livesendungen, getrennt nach den Kategorien Information, Unterhaltung, Bildung, Kunst und Kultur sowie Sport, hervorgeht. Dabei geht der Aktionsplan von einem Basisjahr aus. Ein Aktionsplan erfasst etwa den Zeitraum 2021-2024. Als Referenzjahr würde dann das Jahr 2020 dienen und das Jahr 2021 würde bereits erste Maßnahmen wiederspiegeln.
1. Einleitung und Ziele des Aktionsplanes
2. Darstellung des Mediendienstes
a. Kurzbeschreibung des Mediendienstes
Um welchen Mediendienst handelt es sich und wie lautet die Programmbeschreibung.
b. Umfang des Mediendienstes
Im Fall eines Fernsehprogramms ist das Sendeschema darzulegen und wie viele Sendeminuten pro Jahr das Fernsehprogramm umfasst.
Im Fall eines Abrufdienstes ist der Umfang des Programmkatalogs, Anzahl der Videos im Ausgangsjahr sowie die Gesamtdauer der bereitgestellten Videos anzugeben.
3. Darlegung der Ausgangswerte
Hier ist darzulegen, in welchem Umfang der Mediendienst im Ausgangsjahr barrierefreie Maßnahmen gesetzt hat. Diese Ausgangswerte sind jedenfalls tabellarisch nach Kategorien sowie in Bezug auf die gesamte Sendezeit darzustellen.
4. Darlegung der Maßnahmen
Mediendiensteanbieter haben – aufgeschlüsselt nach Kategorien darzulegen, wie sie ihr barrierefreies Angebot schrittweise über den Zeitraum des Aktionsplanes ausbauen.
Der Ausbau ist jedenfalls in tabellarischer Form (etwa in Minuten und in Prozentanteil an der Gesamtsendezeit) sowie nach den einzelnen Kategorien anzugeben.
5. Angaben zu den Gesprächen mit den Verbänden
Insbesondere zur Nutzerfreundlichkeit der Barrierefreiheitsmaßnahmen hat eine Anhörung einer für den Bereich der Menschen mit Seh- und/oder Hör-Beeinträchtigungen sowie einer für den Bereich der Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen repräsentativen Organisation zu erfolgen. Die Ergebnisse der Anhörung sind hier darzustellen.
6. Weitere Angaben
Mediendiensteanbieter können – abseits der Verpflichtungen vielfältige Maßnahmen treffen, die im Aktionsplan Niederschlag finden können.
Im eRTR-Portal werden für die Einmeldung des Aktionsplanes wie auch der jährlichen Meldungen über das Erreichen der Zielwerte entsprechende Formulare zum Ausfüllen und Download bereitgestellt. Muster für den Bereich TV finden sich in Anhang 1. (Aktionsplan) und Anhang 2 (jährlicher Bericht). Die Formulare für einen Abrufdienst unterscheiden sich nur geringfügig im Aufbau.
Die Maßnahmen sind von den Mediendiensteanbietern nach Kategorien einzuteilen. Dabei kann es durchaus zu Abgrenzungsfragen kommen, ob eine konkrete Sendung in die eine oder andere Kategorie fällt. Hier liegt es am Anbietenden Sendungen (etwa Informationssendungen, die auch Sport- und Kulturbeiträge enthalten), die mehrere relevante Kategorien berühren können, der Kategorie zuzuordnen, auf der das Schwergewicht der Sendung liegt.
Wien, am 25.03.2021
Kommunikationsbehörde Austria
Mag. Michael Ogris
(Vorsitzender)
[1] vgl zu den Zahlen den dritten Bericht über die Lage der Menschen mit Behinderung, abrufbar unter https://www.sozialministerium.at/Themen/Soziales/Menschen-mit-Behinderungen/Bericht-der-Bundesregierung-ueber-die-Lage-der-Menschen-mit-Behinderung.html
[2] Richtlinie 2010/13/EU zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste), zuletzt geändert mit Richtlinie (EU) 2018/1808
[3] vgl. dazu Erwägungsgrund 22 der Richtlinie (EU) 2018/1808
[4] Vgl. die Erläuterungen zu BGBl. I Nr. 150/2020 zu Z 24 und 2, abrufbar unter https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/I/I_00462/fnameorig_848562.html