• Bereich
    Medien
  • Datum
    05.10.2012

ORF-Fernsehprogramm hat 2010 und 2011 gesetzlichen Auftrag nicht erfüllt

KommAustria entscheidet über Beschwerde von Mitbewerbern gegen den ORF

Der ORF hat in seinem TV-Gesamtprogramm im Zeitraum vom 1. Jänner 2010 bis zum 31. August 2011 nicht dafür gesorgt, dass die Kategorien Information, Kultur, Unterhaltung und Sport in einem angemessenen Verhältnis zueinander standen, wie es der im ORF-Gesetz formulierte, öffentlich-rechtliche Kernauftrag verlangt. In ihrem heute vorgelegten Bescheid stellt die Medienbehörde mehrere Verletzungen des ORF-Gesetzes fest. So war in dem genannten Zeitraum die Kategorie Kultur mit einem Anteil von etwa 3 % gegenüber beispielsweise der Kategorie Unterhaltung, die einen Anteil von über 50 % aufwies, stark unterrepräsentiert.

Mit ihrer Entscheidung befindet die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) über eine Beschwerde mehrerer Mitbewerber gegen das Fernsehprogramm des ORF. Der im September 2011 vom Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) eingereichte Antrag richtete sich unter anderem gegen das angeblich unausgewogene Gesamtprogramm in den Jahren 2010 und 2011. Für die Kategorisierung der ORF-Sendungen berücksichtigte die KommAustria das Vorbringen der Beschwerdeführer, ein von der Behörde beauftragtes Gutachten sowie vom ORF selbst vorgelegte Darstellungen.

Die KommAustria, die in ihrem Bescheid erstmals das im ORF-Gesetz geforderte angemessene Verhältnis der Programmkategorien zueinander geprüft hat, geht allerdings davon aus, dass das für 2010 und 2011 festgestellte Ungleichgewicht durch den zwischenzeitlich erfolgten Programmstart der Spartenkanäle „ORF III – Kultur und Information“ und „ORF Sport+“ bei Betrachtung des ORF-Gesamtprogramms mittlerweile größtenteils ausgeglichen sein dürfte.

Die KommAustria erkennt aber auch einen Gesetzesverstoß in der jeweiligen Ausgestaltung der Programme ORF eins und ORF 2. So wies etwa in dem von den Mitbewerbern beanstandeten Zeitraum das Programm ORF eins mit einem Unterhaltungsanteil von rund 80 % nicht die vom Gesetzgeber geforderte inhaltliche Vielfalt auf. Nach Ansicht der Behörde handelte es sich bei den beiden reichweitenstärksten Fernsehprogrammen des ORF nicht um so genannte „Vollprogramme“, für die im Bescheid ebenfalls klar nachvollziehbare Kriterien dargelegt werden. Demnach müssen beide Programme jeweils mindestens drei der vier Kategorien Information, Kultur, Sport und Unterhaltung mit einem Anteil von wenigstens 10 % aufweisen und darf eine Kategorie nicht mehr als 66 % des Programms ausmachen. Eine in einem Programm fehlende Kategorie muss dabei in dem anderen Programm vertreten sein.

So der Bescheid rechtskräftig wird, wird der ORF seine Programmgestaltung sowohl im Hinblick auf die Ausgewogenheit des Gesamtprogramms als auch insbesondere hinsichtlich der inhaltlichen Vielfalt seiner Hauptprogramme überprüfen und gegebenenfalls anpassen müssen.

Nicht erfolgreich waren die Beschwerdeführer mit dem Vorwurf, das ORF-Programm sei entgegen dem gesetzlichen Auftrag im Vergleich mit den privaten Mitbewerbern nicht unverwechselbar gewesen. Hier reichte das Vorbringen der Beschwerde, das sich im Wesentlichen lediglich auf die Gegenprogrammierung im Unterhaltungsbereich auf ORF eins bezog, nicht aus, um eine Rechtsverletzung im Gesamtprogramm zu begründen.

Die Parteien können binnen zwei Wochen Berufung beim Bundeskommunikationssenat einbringen. Die Berufung hätte aufschiebende Wirkung.

Der Bescheid der KommAustria ist auf der Website der RTR-GmbH unter folgendem Link veröffentlicht:

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