Kapitel 4 Die zweigeteilte Welt der App Stores Apple seinerseits lehnt die vorgetragene Kritik ab und hält u.a. fest: „Spotify wants all the benefits of a free app without being free“74 und führt weiter aus, dass alle Apps des iOS-App Stores die Kunden unentgeltlich (oder nur auf Basis von Werbeeinnahmen) zur Verfügung gestellt werden, ebenso wenig ein Entgelt an den iOS-App Store zu zahlen hätten wie Geschäfts-Apps, bei denen digitale Güter außerhalb der App verkauft werden oder Apps, mit denen physische Güter verkauft werden (Essensbestellungen, Taxifahrten etc.). Insgesamt sind es somit nur 16 % der Applikationen, die für die Nutzung des App Stores zu zahlen hätten und Spotify profitiere erheblich von den Diensten, die Apple dem Unternehmen anbietet.75 Umgekehrt beklagt Spotify eben diese schmale und willkürliche Finanzierungsbasis sowie den Umstand, dass der Konkurrenzdienst Apple Music eben keine solche Zahlung zu leisten hätte, was letztlich den Wettbewerb verzerre, weil man selbst Preise erhöhen müsse und damit Gefahr laufe, im Wettbewerb zu verlieren. Neben Netflix und Spotify haben auch andere Unternehmen, die Abo-Dienste anbieten, wie etwa Amazon, Epic (Fortnite) oder Audible, solche Restriktionen gegenüber beiden Plattformen entweder bereits vorgenommen (was Konsumenten oftmals verwirrt) oder unterstützen das bei der Europäischen Kommission anhängige wettbewerbsrechtliche Verfahren gegen Apple, wie etwa Deezer, die Europäische Konsumentenschutzorganisation BEUC oder der European Publisher Council.76 Beklagt werden aber nicht nur die erheblichen Kosten, sondern auch die Einschränkungen in der Beziehung zum Konsumenten. Wenn durch die App-Nutzer (etwa durch Anlegen eines Benutzerkontos innerhalb der App) keine persönliche Information an die App- Betreiber selbst übermittelt wird, bekommen App-Anbieter lediglich die Information, dass ein neues Abo abgeschlossen wurde, nicht aber mit wem. Dies erschwert nicht nur die Entwicklung neuer Produkte, sondern auch die Kundenbindung. Die Plattformen selbst haben hier einen klaren Vorteil, da sie über mehr Informationen verfügen, nicht nur über die Nutzerin oder den Nutzer, sondern auch über das Nutzungsverhalten. Für Applikationen, die nicht in die Kategorie Abo-Dienste fallen, bietet Apple 97 verschiedene Stufen bzw. Tiers an (sie reichen von 0 – 1099,99 Euro),77 die den Anbietern zur Verfügung stehen. Von den jeweiligen Verkaufsumsätzen ist ein Anteil von 30 % an Provisionen zu bezahlen. Neben den finanziellen Bedingungen ist für die Aufnahme auch die Frage wesentlich, in welcher Zeit und wie einfach oder kompliziert sich eine Aufnahme in den App Store gestaltet. Zunächst stehen für die Integration der eigenen Apps in das Betriebssystem entsprechende Software-Entwicklungswerkzeuge (SDK) bei beiden Stores zur Verfügung. Sie bestehen aus öffentlichen APIs (Application Programming Interface), die es Entwicklern erlauben, für ihre Apps den Zugang zu Funktionen des Endgeräts (Kamera, Lokalisationsdienste etc.) zu bekommen. 74 Vgl. Mactechnews, 19. Juli 2018 75 Konkrete Leistungen, die Apple in diesem Zusammenhang erwähnt: Apple bietet Spotify den Zugang zu seinen Kunden an, bietet die Plattform an, mit denen die Kunden die Apps laden und aktualisieren, bietet Software Entwicklungstools an, mit denen die Anpassung der App unterstützt wird und bietet ein sicheres Zahlungssystem an, dass es Nutzern ermöglicht, sichere Transaktio- nen abzuwickeln. Spotify möchte diese Vorteile und 100 % seiner Umsätze behalten. Apple, 14.03.2019. 76 Van Thillo Christian, Chairman des European Publishers Council: (EPC) “The dominance of the two main App-stores of Apple and Google is also harming news media providers. We share Spotify’s concerns as Apple dictates all terms and conditions for each app that passes via their store, they take ownership of the customer relationship, keep the valuable data, insist on using their own payment system and impose a levy of 30 % of the fees paid by the consumers. Furthermore, the Apple App Store prohibits news media companies from offering apps to their readers directly from their own websites – which is not only indefensible but further entrenches their abusive behaviour. This enforced shopping via the App-stores, under the unilateral condi-tions of Apple and Google, deeply affects how we want to offer our news to our subscribers via apps.“ Mitglieder des EPC sind etwa: Burda, der Springer Verlag, Der Standard, News UK, die Holzbrinck Gruppe, der Telegraph, etc. Vgl. European Publishers Council, Christian Van Thillo, 15 March 2019. 77 Siehe etwa: Hesse René, 20. April 2017. Offenheit des Internets 77