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    03/2024
  • Datum
    26.06.2024

Pole-Position: Die Umsetzung des DSA schreitet voran

Zertifiziert: Erste Trusted Flaggers nehmen Kurs auf

© iStock.com/ipopba

Mit dem Digital Services Act, der seit dem 17. Februar 2024 für alle Anbieter von Vermittlungsdiensten gilt, ist die Einrichtung des Instituts von Trusted Flaggers vorgesehen, die als vertrauenswürdige Hinweisgeber rechtswidrige Inhalte aufspüren und den Plattformen melden und damit im digitalen Ökosystem eine wichtige Rolle im Kampf gegen Phänomene wie Hatespeech oder Cybermobbing einnehmen. Die KommAustria zählt zu den ersten Koordinatoren für digitale Dienste (Digital Services Coordinators, kurz DSCs) in der EU, die bereits Trusted Flaggers zertifiziert haben.

Zuerkannt wurde der Status als vertrauenswürdiger Hinweisgeber etwa dem Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb, sowie Rat auf Draht.

Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb

Zu den Mitgliedern des 1954 gegründeten Schutzverbands zählen mehr als 600 Fachorganisationen der Wirtschaftskammern Österreichs, anderer Kammern, und Verbände, die die Interessen der selbständig Tätigen vertreten. Der Schutzverband versteht sich als Hüter des fairen Wettbewerbs und ist eine anerkannte Institution in Fragen des Wettbewerbsrechts in Österreich und auch auf europäischer Ebene. Die für den Schutzverband tätigen Juristen sind im Bereich des Lauterkeitsrechts und gewerblichen Rechtsschutzes spezialisiert, und verfassen dazu immer wieder wissenschaftliche Beiträge und halten Vorträge zu diesem Themenbereich. Der Verein gibt in regelmäßigen Abständen seine Mitgliederzeitschrift Recht und Wettbewerb sowie die Wettbewerbsfibel heraus.

Titelblatt des Merkblatts
Titelblatt des Merkblatts "Informationen für Antragstellende" © RTR

Mit der Entscheidung den Schutzverband zum (ersten) Trusted Flagger in Österreich zu bestellen, hat die Behörde dem Schutzverband ermöglicht, unter Berufung auf diese besondere Position im Sinne der Bekämpfung rechtswidriger Inhalte im Bereich des unlauteren Wettbewerbs und des gewerblichen Rechtsschutzes, entsprechende Beschwerden in korrekter Form und inhaltlich substantiiert der jeweiligen Online-Plattform vorzulegen. Die Plattformen müssen dann Meldungen solcher Trusted Flaggers privilegiert behandeln.

Rat auf Draht

Die Rat auf Draht gemeinnützige GmbH ist Träger der österreichischen Notruf- und Beratungshotline für Minderjährige und deren Bezugspersonen. Ihr wurde im Bereich des Schutzes der Rechte des Kindes gemäß Art. 24 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union der Status als Trusted Flagger zuerkannt. 
Gegenstand der Beratung sind Fragen von Kindern und Jugendlichen zu psychischen (Ess- und Angststörungen, Suizidalität, Selbstverletzung) und physischen Erkrankungen, sowie etwa zu Sexting, Cyber-Grooming und Hasskommentaren.

Neben der rund um die Uhr und ganzjährig durchgehend verfügbaren Telefonberatung umfasst das Angebot auch anonyme Online-Beratung, Chat-Beratung, Informationsvermittlung über die betriebene Website rataufdraht.at und soziale Netzwerke sowie seit 2022 Peerberatung (Beratung durch Gleichaltrige). Für diesen innovativen Ansatz erhielt Rat auf Draht mehrere Preise. Die gemeinnützige GmbH ist ebenso Mitglied von Insafe, einem europäischen Netzwerk nationaler Organisationen für ein sichereres Internet, das zum Ziel hat, ein besseres Internet für Kinder und junge Menschen zu schaffen und dessen sichere, verantwortungsvolle, positive, kreative und ethische Nutzung zu fördern. Die Aktivitäten von Insafe werden vom Safer Internet-Programm der Europäischen Kommission unterstützt. Weiters ist Rat auf Draht Mitglied von Child Helpline International, einem Netzwerk von Beratungsstellen für Minderjährige und junge Erwachsene, das 155 Mitglieder aus 133 Ländern und Territorien rund um die Welt umfasst. Der Tätigkeitsbereich umfasst die statistische und wissenschaftliche Erfassung der Beratungsgespräche, die Sicherstellung der Einhaltung bestimmter Qualitätsstandards durch Beratungshotlines und das Eintreten für die Rechte von Minderjährigen. Die Tätigkeiten der Organisation werden im Rahmen des Programmes der Europäischen Union für Bürger, Gleichberechtigung und Werte finanziell unterstützt.

Rat auf Draht ist ebenso Mitglied von Missing Children Europe, einem europäischen Netzwerk für vermisste und sexuell ausgebeutete Kinder, das 32 Basisorganisationen in 27 Ländern Europas umfasst und sich der Prävention vermisster Kinder, des Schutzes von Kindern vor Gewalt sowie Missbrauch oder Ausbeutung, die zu deren Verschwinden führt, widmet. Die Organisation wird von der Europäischen Union kofinanziert.

Wer kann Trusted Flagger werden?

Grundsätzlich kann jede Stelle in Österreich, die Sachkenntnis über eine bestimmte Art rechtswidriger Inhalte hat, einen Antrag auf diesen Status stellen. Nachgewiesen werden muss dabei:

  • besondere Sachkenntnis und Kompetenz in Bezug auf die Erkennung, Feststellung und Meldung rechtswidriger Inhalte
  • Unabhängigkeit (von jeglichen Anbietern von Online-Plattformen)
  • Sorgfalt, Genauigkeit und Objektivität beim Melden

Alle Informationen für Antragstellende haben wir für Sie auf unserer Website unter Die "Trusted Flaggers" nach dem DSA zusammengefasst. Dort finden Sie auch das Antragsformular.  

Eine aktuelle Liste aller von den DSC gemeldeten Trusted Flaggers wird von der EU-Kommission unter Trusted Flaggers under the Digital Services Act (DSA) veröffentlicht:

Ein weiteres Schwerpunktthema in der Debatte um den DSA ist der Zugang von Wissenschafterinnen und NGOs zu Plattform-Daten. Die KommAustria hat hierzu eine Veranstaltung gemacht:

Erforscht: Wie tickt der Algorithmus?

Dr. Julian Jaursch (Projektleiter "Stärkung digitaler Öffentlichkeit" der Stiftung Neue Verantwortung), Mag. Dr. Hannah Metzler (Institut für Wissenschaft Komplexer Systeme, Medizinische Universität Wien), Dr. Julia Partheymüller (Vienna Center for Electoral Research, Universität Wien), Rania Wazir, Ph.D. (Mathematikerin, Mitbegründerin und CTO von leiwand.ai), Mag. Ulrike Schiesser (Bundesstelle für Sektenfragen) © RTR

Die Transparenz von Plattformdaten war zentrales Thema der KommAustria / RTR Medien Veranstaltung  am 21. Mai 2024. Sie ist Teil der Veranstaltungsreihe zum Digital Services Act (DSA). Ein hochkarätiges Panel widmete sich diesmal dem Thema Forschung, ausgehend von Artikel 40 des Digital Services Act, welcher den Datenzugang zu sehr großen Online-Plattformen für Wissenschafter:innen regelt. Dabei diskutierten die Expert:innen, welche Voraussetzungen Forscher:innen gemäß DSA erfüllen müssen, um Daten von Plattformen für wissenschaftliche Zwecke nutzen zu können. Dazu gehören regulatorische und technische Anforderungen sowie der Umgang mit Datenschutzfragen.

Dr. Julian Jaursch beim Vortragen
Dr. Julian Jaursch © RTR

Moderiert von Dr. Julia Partheymüller (Vienna Center for Electoral Research, Universität Wien) diskutierten Dr. Julian Jaursch, Projektleiter "Stärkung digitaler Öffentlichkeit" der Stiftung Neue Verantwortung, der auch die Keynote hielt, mit Mag. Ulrike Schiesser (Bundesstelle für Sektenfragen), Mag. Dr. Hannah Metzler (Institut für Wissenschaft Komplexer Systeme, Medizinische Universität Wien), Rania Wazir, Ph.D. (Mathematikerin, Mitbegründerin und CTO von leiwand.ai).

Die Expert:innen erörterten die potenziellen Vorteile, wenn Algorithmen transparenter sind und verwiesen zum Beispiel auf Faktoren wie bessere Nutzererfahrung, stärkeres öffentliches Vertrauen. Gleichzeitig wurden aber auch die Herausforderungen dabei thematisiert. Zu diesen zählen unter anderem der Schutz geistigen Eigentums und die technische Komplexität der Algorithmen.

Dr. Susanne Lackner (KommAustria) beim Vortragen
Dr. Susanne Lackner © RTR

Bei der Frage, wie es sichergestellt werden könnte, dass Forschende auch die technischen, infrastrukturellen, personellen Kapazitäten aufbauen könnten, war sich das Panel einig, dass die gegenseitige Vernetzung sehr wichtig sei und Kooperationen, Erfahrungsaustausch über Mitgliedsstaaten hinaus fördern müsse. Außerdem, so eine weitere wesentliche Forderung der Panellist:innen, müsse sichergestellt werden, dass finanzielle Mitteln für Datenschutz zur Verfügung gestellt werden.

Zur Umsetzung des in Art 40 DSA verankerten Zertifizierungsverfahren für Forschende ist noch ein delegierter Rechtsakt der Europäischen Kommission nötig, an welchem zurzeit intensiv gearbeitet wird. Dieser dient der Ergänzung der Bestimmungen nach Art 40 DSA. Mit dem Start der Zertifizierungsverfahren ist mit Ende diesen Jahres zu rechnen. 

On-Board: KommAustria bei Strategiegesprächen mit der EU-Kommission (Boardmeeting)

Das Europäische Gremium für digitale Dienste wurde als unabhängige Beratergruppe der Koordinatoren für digitale Dienste für die Beaufsichtigung der Anbieter von Vermittlungsdiensten nach dem Digital Services Act eingerichtet. In Österreich wurde die KommAustria als Koordinator für digitale Dienste benannt. Im Rahmen des kürzlich in Kraft getretenen Digital Services Act geht es nun darum, dass Tätigkeiten innerhalb der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union möglichst harmonisiert erfolgen. Im Rahmen der Boardmeetings soll sichergestellt werden, dass ein wechselseitiger Informationsaustausch aus den einzelnen Mitgliedsstaaten untereinander und mit der Europäischen Kommission erfolgt.

Dazu gehörten in der 4. Sitzung Ende Mai an der Dr. Susanne Lackner für die KommAustria teilnahm, erneut offene Fragen zur Benennung der Koordinatoren aus den einzelnen Mitgliedsstaaten, da diese noch in mehreren Staaten ausständig ist. Auch wurde über die Bedingungen zur Zulassung von vertrauenswürdigen Hinweisgebern (Trusted Flaggers) in einzelnen Mitgliedsstaaten sowie über die Einrichtung von Beschwerdestellen in den Mitgliedsstaaten berichtet und Erfahrungen dazu ausgetauscht.

Für die Bearbeitung von einzelnen Themen werden nun auch Arbeitsgruppen mit Beteiligung der Europäischen Kommission eingerichtet, um zu einer möglichst effizienten und vor allem harmonisierten Herangehensweise zu den auftretenden Fällen zu finden. Verstöße gegen die Bestimmungen des DSA haben sehr häufig grenzüberschreitende Auswirkungen und sollen daher ortsunabhängig möglichst wirkungsvoll bekämpft werden, um Ausweichmöglichkeiten zu verringern.

Auf Schulung: Koordinator für digitale Dienste (DSC) bei der Europäischen Kommission in Brüssel (10. bis 13. Mai)


Dr. Susanne Lackner, Prof. Martin Husovec, Dr. Maria Luce Mariniello
Dr. Susanne Lackner, Prof. Martin Husovec, Dr. Maria Luce Mariniello © RTR

Die Entwicklungen rund um die neue gesetzliche Regelung des Digital Services Act schreiten sehr rasch voran. Die Europäische Kommission hat sich neben der Gründung eigener Abteilungen, die sich im Rahmen der Generaldirektion DG Connect ausschließlich mit der Durchsetzung des DSA beschäftigen, sogleich um die Koordination mit den nationalen Koordinatoren für digitale Dienste bemüht.

So wurden sämtliche Koordinatoren für digitale Dienste aus allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union in kleineren Gruppen zum Training für die harmonisierte Anwendung und Durchführung der Verordnung nach Brüssel eingeladen. Als vortragender war Prof. Martin Husovec von der London School of Economics im Auftrag der Europäischen Kommission tätig. Ziel dieser Schulung war es den nationalen Koordinatoren für digitale Dienste anhand von Fallbeispielen und Gruppenarbeiten ein einheitliches Verständnis zur Behandlung grenzüberschreitender Fälle zu vermitteln, um eine harmonisierte Herangehensweise für die künftige Tätigkeit als DSC zu vermitteln.

In Österreich wurde die KommAustria als Digital Services Koordinator benannt. Dr. Susanne Lackner, stellvertretende Vorsitzende der KommAustria und Verantwortliche für den Bereich des Digital Services Act, nahm gemeinsam mit mehreren Expert:innen der RTR-GmbH daran teil – gemeinsam mit Expert:innen der DSCs aus Belgien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Italien, Griechenland und Ungarn. Nicht fehlen darf das Thema Europawahlen und Desinformation

Fakten-Check: KommAustria zum Thema Desinformation

© APA - Austria Presse Agentur/APA-Fotoservice/Juhasz

Anlässlich der Veranstaltung "The Future of Fact Checking" wurde deutlich: Es gibt keine einfachen Rezepte gegen 
Desinformation. Jedoch, so Dr. Susanne Lackner, bietet der DSA besonders im Bereich illegaler Inhalte bereits ein breites Spektrum an Möglichkeiten, um dem Phänomen zu begegnen. So hat die European Commission auch im Kontext des DSA konkretisierende Leitlinien zur Minderung systemischer Risken für Wahlprozesse (EK Mitteilung C(2024) 2121 final vom 26.03.2024) für sehr große Plattformen und sehr große Suchmaschinen erlassen, mit dem Ziel, faire Wahlprozesse in den Mitgliedsstaaten sicherzustellen. 

Weitere Informationen zum Thema Wahlen und Desinformation finden Sie auf unserer Website unter DSA und Desinformation.


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