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    01/2024
  • Datum
    11.04.2024

Künstliche Intelligenz ohne Ende

(Klaus M. Steinmaurer)

Ein Bericht zum Mobile World Congress 2024

Wer heuer durch die Messehallen von Barcelona ging, musste den Eindruck bekommen, einfach alles dreht sich in unserem Leben um KI. Ob Netzausstatter, Netzbetreiber oder Start Up, nirgends konnte man sich dem Phänomen Künstliche Intelligenz entziehen. Trotzdem ist es Stefan Felder und mir bei unserem diesjährigen Besuch auf dem Mobile World Congress 2024 in Barcelona gelungen, uns in gewohnter Weise auch auf andere Neuigkeiten und Themen zu konzentrieren. Themen, die zumindest nicht direkt gleich mit KI in Verbindung gebracht werden.

Faszinierende Einblicke durch die AR-Brille © RTR/privat

Den Start machte ein Treffen mit Starlink, bei dem es um die weiteren Pläne des Unternehmens und seine Strategie im Zusammenhang mit der Nutzung von Mobilfunkfrequenzen ging. Starlink ist ja bereits eine Kooperation mit der US-Tochter der Deutschen Telekom eingegangen, um durch Nutzung eines 5MHz Frequenzbandes, das ursprünglich für den Mobilfunk gewidmet ist, mit seinen Satelliten dort für Verfügbarkeit zu sorgen, wo es keine klassische Mobilfunkversorgung gibt. Aktuell ist das Projekt in einer Pilotphase auf Grundlage einer temporären Zulassung der Frequenznutzung durch die Federal Communication Commission (FCC). Das soll sich allerdings in absehbarer Zeit ändern und eine permanente Frequenznutzung durch Starlink möglich werden. Neben der Zulassung ist aber auch noch eine eigene Satelliteninfrastruktur notwendig. Die derzeitigen Starlink-Satelliten funktionieren für dieses Service nicht. Aktuell sind erst sechs entsprechende Satelliten im All. Voll funktionsfähig weltweit, bedarf zumindest weiterer 2.000 solcher Satelliten. Dieses Vorhaben ist für Starlink wahrscheinlich in den kommenden zwei bis drei Jahren zu bewältigen. Geklärt muss aber in dieser Zeit  auch noch die internationale Frequenzwidmung sein und die ebenfalls notwendige Genehmigung der Frequenzüberlassung durch die nationalen Regulierungsbehörden, was vor allem in Europa ein großer Aufwand sein dürfte, zumindest unter dem heutigem Regulierungsregime.

Nach unserem sehr interessanten Gespräch mit Starlink, dem vermutlich noch weitere auf nationaler Ebene folgen werden, ging es weiter zum Stand von Ericsson, wo wir sehr kompetent von der ungarischen Repräsentantin von Ericsson durch den Stand geführt wurden. Stefan Felder und ich wurden dabei auch von unserem Kollegen Dietmar Zlabinger begleitet. Hier ging es zuerst einmal um unsere Lieblingsthemen Antennen und Open RAN. Zwei Aspekte sind dabei hervorzuheben. Zum einen ist es interessant, dass Open RAN offenbar wieder in der Bedeutung auf Vendor-Seite zunimmt. Das ist wahrscheinlich auch durch Druck von Betreiberseite getrieben und, dass neuerdings amerikanische Anbieter wie Mavenir auch in Europa auf den Markt drängen. Bei den Antennen geht es vor allem um kleiner, grüner und leistungsstärker, wobei die höhere Energieeffizienz zwar grün gekennzeichnet ist, aber viel stärker noch durch ökonomische Interessen auf Betreiberseite ausgelöst erscheint. Das ist auch klar, denn Energiekosten sind neben Personalkosten und Standortkosten einer der großen Kostenfaktoren im Mobilfunkgeschäft.

Auch interessant ist, dass offenbar, wahrscheinlich beeinflusst durch das US-Geschäft, das Thema Millimeterwellen eine Rolle spielt, was uns in Hinblick auf die Versteigerung im Frequenzbereich 26 GHz natürlich besonders interessierte

In Verbindung mit 6G kommt dann auch KI erstmals zur Diskussion, einerseits im Zusammenhang mit der Netzinfrastruktur, andererseits gemeinsam mit neuen Features und Services. Die AR-Brille, die wir testen durften, gab dazu ein paar interessante Einblicke in das, was in nicht allzu ferner Zukunft erwartet werden darf

Nach kurzer Mittagspause ging es dann weiter zu ZTE, wo unsere Dreiergruppe von ZTE-Geschäftsführer Christian Woschitz und seinem Team durch den umfangreichen Stand geführt wurde. Neben Neuerungen im Bereich Gigabit Passive Optical Network (GPON) und Glasfasertechnik allgemein wurde uns auch die von ZTE entwickelte Technik zur Verbesserung der Standortresilienz gezeigt. Damit soll es möglich sein, den Betrieb eines Standortes auch im Fall von Blackouts länger als einen Monat autark in Betrieb zu halten. Gelöst wird das durch Sonnenenergie und einen Methanol-Tank, die gemeinsam statt einer Batterie den Standort am Laufen halten. Das klingt plausibel und könnte eine Lösung sein, die zumindest für kritische Standorte, die für eine Krisenkommunikation essenziell sind, in weitere Überlegungen einzubeziehen ist. Es darf nicht übersehen werden, dass für alles, was heute unser digitales Leben ausmacht, eine funktionierende Netzinfrastruktur von Relevanz ist. Während das Netz nicht zwingend Apps oder KI braucht, ist es im umgekehrten Fall eine conditio sine qua non

Bei so viel Fokus auf Infrastruktur bietet es sich auch an, sich gleich mit dem zweiten wichtigen Teil neben der Netzinfrastruktur zu befassen. Cloud-Infrastruktur ist heute mindestens genauso wichtig wie klassisches RAN. Umso mehr waren wir daher auf unser Gespräch mit Amazon AWS gespannt. Und wir wurden nicht enttäuscht. Wir konnten mit unseren Gesprächspartnern aus USA und Europa sehr offen über Herausforderungen, Geschäftsmodelle und neue Strategien sprechen. Uns interessierte dabei auch die Positionierung von Amazon im Zusammenhang mit O-RAN und generell mit dem Thema Netzvirtualisierung. Wir sprachen dabei auch über die Rolle von Amazon in der Kooperation mit DISH in den USA. Die Strategie des Konzerns ist dabei weniger selbst in die Netzbetreiberrolle zu schlüpfen, sondern vielmehr als Enabler für neue Netzservices zu wirken. Natürlich waren KI und Cloud und Rechenkapazitäten weitere zentrale Themen, die für uns von Bedeutung sind, liegt doch hierin eine wesentliche Grundlage für zukünftige digitale Geschäftsmodelle mit oder ohne KI, wobei letzteres nach dem, was wir gesehen haben, in Zukunft wohl eher die Ausnahme sein wird

Den ersten Tag beschließen durfte ich in meiner BEREC-Rolle als Teilnehmer am GSMA Roundtable, der um 17 Uhr in der Ministerial Area stattfand. Dabei stand das seitens Kommissar Breton am Vormittag vorgestellte White Paper der EK zur Diskussion und generell das Verhältnis von Regulierung und TK-Sektor in Europa. Obwohl in dieser Form noch nicht angesprochen, ist die allgemeine Überzeugung, dass die aktuellen technologischen Entwicklungen und hier natürlich auch KI sowie die Marktkonzentration in diesem Bereich in den USA eine grundlegende Neuausrichtung im Sektor und damit auch in der Regulierung benötigen. Das White Paper hat zwar auch noch keine Antworten, aber es zeigt zumindest in eine Richtung

Abends ging es dann noch zum Empfang bei der französischen Wirtschaftskammer, den Stefan Felder wahrgenommen hat, während ich in der Altstadt Barcelonas den CEO-Abendempfang eines großen europäischen Telekomnetzbetreibers besuchen durfte.

Spät ins Bett am ersten Tag und bald heraus am zweiten, starteten Stefan und ich, wieder gemeinsam mit Dietmar, bei Huawei. Wie zu erwarten, füllte der Stand dieses Unternehmens wieder eine ganze Halle aus und wurde die technologische Bedeutung dieses Unternehmens in vielen Bereichen der Antennen und Netzwerktechnik insbesondere im Bereich 5G sehr beeindruckend unter Beweis gestellt. Mit dabei das Team von Huawei Österreich. Welche Bedeutung KI in Zukunft in der Kommunikation übernehmen kann bzw. wird, konnte da an vielen Beispielen – vom autonomen Fahren inklusive 5G Fahrzeugkommunikation bis hin zu einem Telefonat zwischen mir und einem Huawei-Mitarbeiter, bei dem Cloud und KI für Simultanübersetzung von Englisch auf Chinesisch und retour sorgten – gesehen werden. Sehr beeindruckend, aber auch ein wenig beängstigend, wenn man bedenkt, dass da in der Cloud alles, was gesagt wird, mitanalysiert wird. Bei Microsoft gibt es überdies auch ähnliche Funktionalitäten. Wie diese Services angenommen werden und wie sie sich auf unser Leben auswirken, ist dabei noch offen und eine der wirklich spannenden Zukunftsfragen, mit der wir uns in der Regulierung befassen werden müssen. Nach mehr als zwei Stunden mussten wir uns von hier verabschieden, wobei wir maximal ein Viertel gesehen haben. Auffällig ist, wie umfangreich man sich mit R&D befasst und bereit ist, sehr viel Geld dafür auszugeben. Die Resultate finden sich dann in sehr vielen Patenten wieder, die sich dann auch in Produkten anderer Anbieter weltweit wiederfinden. Darüber sollten wir uns in Europa im Klaren sein.

Im Anschluss gab es noch einen Betreiberaustausch und eine kurze Lunchpause und dann ging es gleich weiter zu Nokia. Damit hatten wir die Möglichkeit, unseren Überblick über die technologischen Schwerpunkte aller großen Vendoren abzurunden. Besonders interessant dabei auch die im Anschluss mit Peter Wukowits von Nokia geführte Diskussion über die globalen Entwicklungen sowohl in der TK-Branche als auch auf Seite der Ausstatter sowie die Zukunftserwartungen, auf die man sich einstellen wird, KI wird dabei sicher eine wichtige Rolle spielen, aber es wird weit darüber hinaus gehen, da sind wir uns alle sehr sicher.

© RTR/privat

Da wir bei Nokia etwas überzogen haben, ging es dann nahtlos weiter zu Meta, wo wir die aktuellen Fragen, die uns alle beschäftigen, wenn es um KI, Digitalisierung, Social Media und in diesem Jahr auch um Wahlen geht, aus der Sicht eines großen Players besprechen konnten. Auch die Einschätzung von Meta gegenüber den aktuellen Gesetzgebungsakten der EU war sehr interessant.

Unseren Besuch auf der MWC 2024 in Barcelona beendeten wir mit einem Austausch zu aktuellen Themen mit Dominique Leroy, Vorständin für Europa der Deutsch Telekom AG, und Rodrigo Diehl, CEO von Magenta Österreich.

Als Zusammenfassung darf ich Frau Barbara Steinbrenner von der Presse zitieren, die in der „Sonntags-Presse“ vom 3. März 2024 in ihrem Bericht zu Barcelona 2024 "In Barcelona herrscht die KI" bestätigt, was ich bereits einleitend erwähnt habe, und dann auf ein Startup mit einer KI-Brosche hinweist. Diese Brosche soll in der Lage sein, mit KI zu helfen, die Welt um einen herum zu entdecken. Beim MWC fällt dieser KI-Brosche nach eingehender Umfeldanalyse laut Frau Steinbrenner folgendes ein: "Indoor-Veranstaltung mit vielen herumlaufenden Menschen".

Da kann ich nur sagen, wirklich sehr treffend und wir waren voll dabei, wie mir der Schrittzähler meiner Smart Watch bestätigt. Ich hoffe aber auch, ich konnte hier einen groben Eindruck über das vermitteln, was zwischen dem Herumlaufen im Strom der vielen Menschen passiert ist. Es war jedenfalls wieder sehr spannend und die Reise wert.