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    02/2024
  • Datum
    19.07.2024

BEREC und die EU: internationale Neuigkeiten

(Gregor Gradnig)

Mit großer Freude waren wir Gastgeber des zweiten BEREC Contact Network Meetings (CN) des Jahres. Das CN setzt sich aus hochrangigen Vertreter:innen der BEREC-Mitglieder und -Beobachter zusammen. Hier werden beispielsweise die Dokumente abstimmungsfit gemacht, die beim BEREC-Plenum wenige Wochen später verabschiedet werden sollen. Die wichtigsten Dokumente und Neuigkeiten vom CN in Wien und dem anschließenden BEREC-Plenum in Jurmala, Lettland, von Anfang Juni stellen wir in diesem Beitrag vor.

Abbildung: Hochrangige Vertreter:innen der europäischen Telekomregulierungsstellen machten beim BEREC Contact Network Meeting in Wien wichtige Dokumente abstimmungsfit für das nachfolgende BEREC-Plenum © RTR/Nelli Wallner

Neue Direktorin für das BEREC Office

Seit 1. Juli hat das BEREC Office eine neue Direktorin. Verena Weber leitet nunmehr diese EU-Agentur, die die Arbeit von BEREC unterstützt. Sie folgt László Ignéczi, der die maximal mögliche Dauer der Leitung von zweimal fünf Jahren bereits ausgeschöpft hatte. Außerdem ist BEREC dabei zu wachsen: Die nationale Regulierungsbehörde der Republik Moldavien (ANRCETI) wird als ein weiterer "BEREC Participant without voting rights" dazu kommen.

BEREC-Input zum White Paper zur Zukunft der digitalen Infrastruktur

Die Europäische Kommission (EK) veröffentlichte im Februar ihren Vorschlag für ein White Paper namens "How to master Europe’s digital infrastructure needs?".  BEREC verabschiedete nun einen Input dazu.

Das White Paper selbst befasst sich mit den Trends und Herausforderungen im Bereich der digitalen Infrastruktur und schlägt unter Berücksichtigung der ermittelten Probleme zwölf mögliche Szenarien zur Bewältigung des Übergangs zu den digitalen Netzen der Zukunft vor. BERECs Input zielt darauf ab, über mehrere im White Paper enthaltene Begriffe und Vorschläge nachzudenken. Dabei stellt BEREC einerseits in einem "High-Level Input" den Kern seiner Standpunkte in kondensierter Form dar: BEREC analysiert Zielsetzung und Anwendungsbereich des aktuellen Rechtsrahmens für die elektronische Kommunikation und stellt Überlegungen zum Binnenmarkt, zur Marktregulierung sowie zum institutionellen Aufbau des Sektors an. 

Andererseits legt BEREC diesem Dokument seine ausführliche Expertenmeinung bei. Darin konzentriert es sich auf die Analyse der skizzierten Vorschläge zu den technologischen Herausforderungen, dem Anwendungsbereich und den Zielen, der Allgemeinengenehmigung, dem Bereich der Frequenzen, der Kupferabschaltung, der Zugangsregulierung, dem Universaldienst, der Nachhaltigkeit sowie den sicheren und widerstandsfähigen digitalen Netzen.

Daneben weist BEREC auf die laufenden Arbeiten und aktuellen Ansichten hin: zur IP-Zusammenschaltung, zum Regime der Allgemeingenehmigung und über die bisherige Umsetzung der EECC-Bestimmungen über Co-Investments und Wholesale-only-Unternehmen (Lesen Sie mehr darüber in diesem Newsletterbeitrag).

Darüber hinaus ist BEREC an mehreren Aktivitäten beteiligt, die sich auf den breiteren digitalen Sektor beziehen, einschließlich der Umsetzung des Digital Markets Act und Untersuchungen in Bereichen wie den Investitionen der CAPs in ECS/ECN und dem Ausbau von Unterseekabeln. In seinem BEREC Action Plan for 2030 hat es seine Vision für BERECs Beitrag und Rolle im regulatorischen Umfeld der EU entwickelt, das für das digitale Zeitalter und den globalen Kontext geeignet ist.

BEREC stimmt den im Weißbuch angestellten Überlegungen zu, wonach sich die jüngsten Markt- und Technologietrends auf die elektronische Kommunikation und den digitalen Sektor auswirken und somit möglicherweise einschlägige regulatorische Anpassungen erforderlich machen. Es ist der Ansicht, dass solche Anpassungen im Rahmen einer ganzheitlichen Perspektive für die Regulierung der elektronischen Kommunikation im Lichte ihrer immer stärker werdenden Wechselwirkung mit dem breiten Korpus der europäischen Rechtsvorschriften im digitalen Bereich angegangen werden müssen.

Eine Überprüfung der Funktionsweise des Europäischen Kodex für elektronische Kommunikation (EECC) ist durch die Europäische Kommission bis Ende 2025 vorgesehen. Nach Ansicht von BEREC wäre es daher wichtig, zunächst eine gründliche Analyse der Funktionsweise der derzeit verfügbaren Maßnahmen durchzuführen, einschließlich einer Bewertung der Anforderungen, die aufgehoben werden könnten, bevor neue Vorschläge vorgelegt werden, die für den Sektor strukturell störend wirken und die wiederum langfristige Investitionen aus dem Gleichgewicht bringen könnten. BEREC weist auch darauf hin, dass das Weißbuch relevante Bereiche des derzeitigen Rechtsrahmens für die elektronische Kommunikation nicht abdeckt, wie z. B. das offene Internet und den Schutz der Endnutzer:innen, die aber unbedingt beibehalten werden müssen.

Was die Vorzüge der skizzierten Ideen angeht, so stimmt BEREC mit der Europäischen Kommission darin überein, dass die Verfügbarkeit einer hochwertigen, zuverlässigen, sicheren und nachhaltigen Konnektivität für alle und überall in der Union von zentraler Bedeutung ist, auch in ländlichen und abgelegenen Gebieten. 

BEREC steht weiterhin zur Verfügung, um zu künftigen Initiativen der Europäischen Kommission beizutragen, die in seinen Zuständigkeitsbereich fallen, einschließlich der Governance des digitalen Sektors, wo es der Ansicht ist, dass unabhängige nationale Regulierungsbehörden, die mit den notwendigen sektoralen Aufgaben und Befugnissen ausgestattet sind, weiterhin eine zentrale Rolle spielen und eine ungerechtfertigte Zentralisierung des Prozesses vermieden werden sollte.

Machine-to-Machine-Kommunikation und Roaming

Machine-to-Machine-Kommunikation (M2M) wird in zahlreichen Branchen zunehmend eingesetzt und wird voraussichtlich angesichts des technologischen Fortschritts künftig an Bedeutung gewinnen. M2M-Anwendungen dienen häufig der Standortverfolgung, der proaktiven Wartung und Statusabfragen von Industriemaschinen sowie der Meldung technischer Zwischenfälle. Vorbehaltlich der vorgesehenen Beschränkungen des dauerhaften Roamings fällt die M2M-Kommunikation in den Geltungsbereich der EU-Roamingverordnung mit den betreffenden Verpflichtungen zur Gewährung des Roamingvorleistungszugangs. Gerade eine Nutzung im dauerhaften Roaming ist jedoch bei zahlreichen M2M-Anwendungen ein häufiger Fall, da viele Geräte über längere Zeiträume mit einem ausländischen Netzwerk verbunden bleiben.

Im Hinblick auf die Überprüfung der Roamingverordnung im Jahr 2025 hat BEREC eine umfassende Analyse des Vorleistungsmarkts für M2M-Kommunikationsdienste durchgeführt, mit besonderem Augenmerk auf die Nutzung im dauerhaften Roaming. Der veröffentlichte Berichtsentwurf basiert auf einem Call for Input und auf den regelmäßig durch BEREC gesammelten Daten im Kontext des Roaming-Benchmark-Berichts. Unter den behandelten Themen sind die aktuellen Entwicklungen im Vorleistungsmarkt für M2M-Kommunikationsdienste, häufige Klauseln in den Roamingvereinbarungen sowie die von Stakeholdern wahrgenommenen Hindernisse und Herausforderungen. Der Berichtsentwurf ist nun für die öffentliche Konsultation freigegeben. Schriftliche Kommentare können bis zum 23. August 2024 eingereicht werden.

Ökosystem der IP-Zusammenschaltung: "Evolution statt Revolution"

Die Zusammenschaltung von Netzwerken im Internet ist eine zentrale Vorleistung für die Bereitstellung von Breitbandzugängen und die Erbringung digitaler Dienste. Sie ermöglicht den Austausch von Daten zwischen Netzwerken auf Basis des Internet Protocol (IP). 

Bereits 2012 und 2017 zeigte BEREC relevante technische und ökomische Entwicklungen sowie rechtliche Rahmenbedingungen im Bereich der IP-Zusammenschaltung in Berichten auf. In ihrem jüngsten Berichtsentwurf bewerteten BEREC-Expert:innen seitherige Marktentwicklungen. Dieser stellt auch seine früheren Schlussfolgerungen auf den Prüfstand.

Der Entwurf des Berichts stellt fest, dass die Entwicklungen auf den Märkten der IP-Zusammenschaltung weiterhin eher als Evolution statt Revolution beschrieben werden können. Der Datenverkehr steigt, Wettbewerb und technologischer Fortschritt ermöglichen jedoch, Änderungen in der Nutzung des Internetanschlusses sowie in der Nachfrage nach Inhalten im Ökosystem der IP-Zusammenschaltung erfolgreich zu integrieren.

Das Ökosystem ist weiterhin von Wettbewerb geprägt, auch wenn seit 2017 einzelne Konflikte zwischen Marktteilnehmern zu beobachten waren. BEREC wird Konflikte in diesem Bereich in Zukunft verfolgen. Es ermöglicht nun, in einer öffentlichen Konsultation Beiträge zu dem Berichtsentwurf abzugeben. Die Stakeholder haben dazu bis zum 26. Juli 2024 Zeit. Nach der Konsultation werden die eingegangenen Stellungnahmen eingearbeitet und der finale Bericht zum Ökosystem der IP-Zusammenschaltung Ende 2024 veröffentlicht.

Wirksamkeit der EU-Allgemeingenehmigungsregelung 

Nachdem BEREC Informationen von den nationalen Regulierungsbehörden eingeholt hat, sammelt es nun Daten von Interessengruppen, um die Wirksamkeit der derzeitigen EU-Allgemeingenehmigungsregelung und ihre Auswirkungen auf den Binnenmarkt zu bewerten. Der Europäischen Kodex für elektronische Kommunikation (EECC) verlangt alle drei Jahre eine Stellungnahme zur Umsetzung der Allgemeingenehmigungsregelung und ihrer Funktionsweise auf nationaler und europäischer Ebene. 

Nach Erhalt der BEREC-Stellungnahme kann die Europäische Kommission einen Bericht über die Anwendung der Bestimmungen veröffentlichen. Sie kann auch Änderungen der Rechtsvorschriften vorschlagen, um etwaige Hindernisse für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes zu beseitigen. BEREC verabschiedete bereits im Dezember 2021 eine Stellungnahme zu diesem Thema. Der nun zweite Entwurf wird bis zum 26. Juli 2024 öffentlich konsultiert.

Externer BEREC-Workshop zur Ex-ante-Regulierung

Zum Austausch von Meinungen und Best Practices bei der Anwendung der neuen Ex-ante-Regulierungsinstrumente aus dem EECC hielt BEREC einen öffentlichen Workshop in Bezug auf Ko-Investitionen, Verpflichtungserklärungen, Wholesale-only-Unternehmen sowie die Auswirkungen von kommerziellen Vereinbarungen über den Netzzugang ab.

Die Redner:innen vertraten verschiedene Betreiber (sowohl etablierte Unternehmen als auch Zugangssuchende) aus den Ländern, in denen einige Erfahrungen gesammelt wurden mit der Anwendung der in Betracht gezogenen alternativen Abhilfemaßnahmen; nämlich Italien, Dänemark, Irland, Finnland und Frankreich, sowie aus Ländern, in denen die Berücksichtigung bestehender kommerzieller Vereinbarungen zur (teilweisen) Deregulierung der Märkte führte, wie in Österreich (A1 Telekom Austria) und Zypern. Es zeigte sich, dass es bisher nur wenige Erfahrungen mit diesen neuen Regulierungsoptionen gibt und es daher meist noch zu früh war, Schlussfolgerungen über die Wirksamkeit dieser Instrumente zu ziehen. Die Zusammenfassung des Workshops finden Sie auf der BEREC Website.

Für September 2024 ist ein weiterer interner BEREC-Workshop mit Vorträgen der nationalen Regulierungsbehörden geplant, um die Ansichten und Meinungen zu prüfen, die während dieses externen Workshops im April geäußert wurden. Die dabei gezogenen Schlussfolgerungen könnten schließlich in die Bewertung der Wirksamkeit der betreffenden Maßnahmen des EECC einfließen. Sie könnten auch zu einer Neubewertung der BEREC Guidelines für Co-Investments beitragen, falls dies als notwendig erachtet wird.