Anbieter von Internetzugangsdiensten dürfen konkrete Inhalte, Anwendungen, Dienste oder Kategorien derselben grundsätzlich nicht blockieren, verlangsamen, verändern, einschränken, stören, verschlechtern oder diskriminieren, wobei die Netzneutralitäts-Verordnung auch Ausnahmen von diesem Grundsatz kennt. So können die aufgezählten Maßnahmen ergriffen werden, soweit und solange sie erforderlich sind, um unionsrechtlichen Gesetzgebungsakten oder nationalen Rechtsvorschriften sowie deren Umsetzungsmaßnahmen zu entsprechen
Im Bereich des Urheberrechts existiert mit § 81 Abs. 1a UrhG eine Sonderbestimmung, nach der auch Anbieter von Internetzugangsdiensten zur Unterlassung der Zugangsvermittlung zu strukturell rechtsverletzenden Websites verpflichtet werden können, sofern sie zuvor von einem Rechteinhaber ordnungsgemäß abgemahnt wurden. Eine strukturell rechtsverletzende Website liegt dann vor, wenn auf dieser nicht nur in Einzelfällen, sondern systematisch und regelmäßig gegen Ausschließungsrechte im Sinne des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) verstoßen wird. Dies ist beispielsweise auch dann der Fall, wenn Websitebetreiber zur massenweisen Vermittlung illegaler Werkvervielfältigungen beitragen, indem sie den Nutzerinnen und Nutzern zur leichteren Auffindung gewünschter Werktitel indizierte BitTorrent-Dateien zur Verfügung stellen.
Auch wenn urheberrechtliche Unterlassungsansprüche grundsätzlich von ordentlichen Gerichten zu entscheiden sind, obliegt der Regulierungsbehörde die Überprüfung, ob die Umsetzung der hierfür ergriffenen Verkehrsmanagementmaßnahmen in Gestalt von Zugangssperren mit der TSM-VO vereinbar ist. Werden solche Verkehrsmanagementmaßnahmen von Anbietern von Internetzugangsdiensten nach erfolgter Abmahnung durch die Rechteinhaber und ohne entsprechende gerichtliche Entscheidung ergriffen, ist es ebenfalls notwendig, das Vorliegen der in Art. 3 Abs. 3 UAbs. 3 lit. a) TSM-VO geregelten Ausnahme zu überprüfen.
Im Bereich des Verbraucherschutzes sieht das die Verordnung (EU) 2017/2394 (Verbraucherbehörden-Kooperationsverordnung, VBKVO) umsetzende Verbraucherbehördenkooperationsgesetz (VBKG) vor, dass zur grenzüberschreitenden Durchsetzung von Verbraucherrechten, sofern keine anderen wirksamen Mittel mehr zur Verfügung stehen, um das Risiko einer schwerwiegenden Schädigung der Kollektivinteressen von Verbrauchern zu verhindern, verschiedene Maßnahmen zum Sperren, Entfernen und Beschränken solcher Inhalte angeordnet werden können.
Die geschützten Verbraucherrechte ergeben sich aus den im Anhang der VBKVO aufgezählten Richtlinien. Darin erfasst sind folgende Rechtsakte des Sekundärrechts der Europäischen Union:
Netzsperren sind auch nach der Verbraucherbehörden-Kooperations-VO (CPC-VO (EU) 2017/2394) vorgesehen, in Österreich gibt es weiters das Verbraucherbehördenkooperationsgesetz (VBKG). Demnach sind Websitesperren als ultima ratio bei grenzüberschreitenden und weitverbreiteten Verstößen gegen europäisches Verbraucherschutzrecht im weiteren Sinne möglich. Die Zuständigkeit zur Anordnung von Netzsperren liegt bei der Telekom-Control-Kommission (TKK), diese kann nur auf Antrag bestimmter, gesetzlich legitimierter Behörden eine Netzsperre anordnen.
Nach § 7b VBKG ist zur Anordnung solcher Maßnahmen nach Maßgabe des Art. 9 Abs. 4 Buchstabe g VBKVO wegen eines Verstoßes nach der Verbraucherbehördenkooperationsverordnung, die die Anbieterinnen und Anbieter von Internetzugangsdiensten, Hosting-Diensten gemäß § 16 des E-Commerce-Gesetzes, Diensten der Zwischenspeicherung (Caching), Suchmaschinen bzw. Registrierungsstellen für Domänennamen zu ergreifen haben, die Telekom-Control-Kommission berufen. Hierzu kann die für den Vollzug des VBKG zuständige Behörde einen Antrag an die Telekom-Control-Kommission als andere Behörde gemäß Art. 10 Abs. 1 lit. b VBKVO stellen. Die zuständige Behörde ergibt sich aus § 3 Abs. 1 VBKG und ist entweder der Bundeskartellanwalt, die Schienen-Control GmbH, das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen, die KommAustria, das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen, das Fernmeldebüro oder die Bundesministerin bzw. der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. Falls ein Verstoß in den Zuständigkeitsbereich mehrerer Behörden fällt, haben diese sich gemäß § 3 Abs. 2 VBKG in ihrer weiteren Vorgangsweise untereinander abzustimmen. Bei der Anordnung von Maßnahmen hat die Telekom-Control-Kommission den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nach § 5 VBKG zu berücksichtigen.
Diese angeordneten Maßnahmen sind unter Berücksichtigung des Datenschutzes zu veröffentlichen.
➔ Weitere Informationen zum VBKVO im 117. Mobilregulierungsdialog
Zudem sind Netzsperren aufgrund der EU-Marktüberwachungs-VO (EU) 2019/1020 möglich. Diese hat das Ziel Produktsicherheit sowie einheitliche Regelungen zur Konformität und Marktüberwachung für Produkte zu schaffen. Dies dient der Beseitigung bisheriger Schlupflöcher, durch die nicht EU-konforme Drittlandsware, ohne greifbaren verantwortlichen Wirtschaftsakteur in der EU, mittels Online-Plattformen auf den EU-Markt gebracht wird. In diesem Kontext sind gemäß Art. 14 Abs. 4 lit k sublit i Marktüberwachungs-VO Websitesperren als ultima ratio möglich, um „ein ernstes Risiko zu beseitigen“. Konkret sind folgende Maßnahmen vorgesehen: